Kampf um Talente – mitmachen oder relaxen?

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#WARforTALENTS – dieser martialische Begriff soll den aktuellen Kampf um Fachkräfte umschreiben. Und der Mangel ist in der Tat an allen Ecken und Enden zu spüren. Vom Handwerk bis in die Forschung, vom Gesundheitsdienst bis zu den Anwaltskanzleien.

Mit allen Mitteln wird versucht, die besten Arbeitskräfte für sich zu gewinnen: der Überflieger wird direkt von der Uni geangelt und der Rainmaker vom Konkurrenten mit viel Geld weggelockt. Headhunter können sich in einem solchen Umfeld die Hände reiben. Oft heißt es dort: neue Search-Aufträge werden aus Kapazitätsgründen nicht mehr angenommen. 

Was also tun, wenn die offenen Stellen nicht mit den Traumkandidat:innen besetzt werden können? Kämpfen oder relaxen?

Ein Blick über den Tellerrand zum Leistungssport (ja, eines meiner Lieblingsthemen) zeigt uns mal wieder, dass es zumeist nicht „der“ Star ist, der eine Mannschaft alleine zum Erfolg führen kann. Im Gegenteil. Erst in der letzten DFB-Pokalrunde gab der FC Saarbrücken dem FC Bayern München, eine Mannschaft gespickt mit unzähligen herausstechenden Fachkräften, eine entsprechende Lehrstunde. 

Das mag beim FC Bayern ein Ausreißer gewesen sein, es ließen sich aber noch etliche Beispiele im Team-Sport finden, wo ein Underdog-Team ohne Stars das (unharmonische) Starensemble aussticht. Oder umgekehrt, das Star-Ensemble konsequent seine Ziele verfehlt – über Jahre hinweg.

Was können Unternehmen daraus lernen?

Wichtiger als die Suche nach einzelnen Top-Performern scheint (zuerst) die Schaffung eines Umfeldes zu sein, in dem ein Team als Ganzes überhaupt harmonieren und reüssieren kann. Nach dem Prinzip: Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile. 

Der Vorteil von diesem Vorgehen liegt auf der Hand: es ist billiger, schneller, kann sofort angegangen werden und es ermöglich in der Zukunft, aus einem deutlich größeren Kreis an potenziellen Kandidatinnen und Kandidaten passende Verstärkung zu finden. Denn es muss ja nicht immer ein Star sein!

Versteht mich nicht falsch. Wenn ich die Wahl habe, dann bevorzuge ich natürlich die Person mit der vermeintlich besseren, der passenden Qualifikation. Aber – und es ist ein großes ABER – wenn eine solche Person nicht in meine Team-Kultur passt, dann entscheide ich mich gegen sie. Und wenn ein solcher Überflieger für mich überhaupt nicht greifbar ist, dann gebe ich Seiteneinsteigern die Möglichkeit, in einem starken Team zu wachsen. Das geht schneller als manch einer denkt. Ein weiterer Effekt ist, dass echte Überflieger, wenn gefunden oder selbst entwickelt, in einem solchen Team auch besser performen können und sich in der Konsequenz seltener mit Abwanderungsgedanken beschäftigen. Win-Win!

Was macht eine solche erfolgreiche Team-Kultur aber aus? 

Nun, da gibt es recht eindeutige Erkenntnisse aus verschiedenen Beobachtungen in der realen Wirtschaft, die sich auch mit meinen Erfahrungen decken. Diese lassen sich wie folgt zusammenfassen: einfache Strukturen, transparente Prozesse, verlässliche Absprachen, hohe Bedeutung für sich selbst und das Team, Verständnis für die Auswirkung der geleisteten Arbeit und schließlich die gefühlte Sicherheit jedes Einzelnen als Teil dieses Teams. Diese Sicherheit sollte möglichst stark ausgeprägt sein, sprich keine Angst vor Fehlern herrschen, Vertrauen geschenkt und in der Konsequenz Verantwortung genommen werden. 

Hört sich leicht und trivial an? Mag sein – aber in der Realität scheitern sehr viele Teams genau an diesen Basics. Nicht nur Bayern gegen Saarbrücken. Oder um es mit einem Positivbeispiel zu beschließen: so wurde Deutschland Basketball-Weltmeister, zwar mit einem Star, Dennis Schröder, der es aber verstand, sich als Teil eines Teams zu pushen und dieses als solches anzuführen.

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